Ein Interview, geführt von Jutta Schlüter mit Jeanne Vagt
Hin und wieder entdecke ich bei Facebook kleine oder größere Geschichten und denke, dass es lohnt, einmal nachzufragen.
Bereits am 28. März diesen Jahres schrieb Jeanne Vagt für die Geschichtenseite über ihren Da Vinci eine wahre Liebesgeschichte.
Und nun war bei FB zu lesen, dass er verkauft ist.
Jutta: Wie kam es zu diesem Verkauf, Du hast im März so begeistert eine Geschichte über ihn geschrieben
Wir haben viel zusammen erlebt. Am Anfang mussten wir uns erst mal zusammen raufen. Er hat mir oft meine Grenzen gezeigt, indem er dann auch gerne mal übernehmen wollte. Ich denke, dass ist für einen Hengst halt normal. Allerdings kannte ich mich damit am Anfang nicht richtig aus. Somit musste ich sehr viel über Hengste lernen. Sie sind nun mal anders als eine Stute oder ein Wallach.Man muss immer zu 100% bei ihnen sein, na ja eigentlich bei jedem anderen Pferd auch. Meine Freundin Ela und ich arbeiteten dann gezielt daran und schwups klappte es.
Jutta: wie habt Ihr gezielt geübt?
Jutta: wie hat er sich denn zu Hause benommen, immerhin hast Du ja auch eine Stute?
Jeanne: Zu Hause ein ruhiger und lieber, obwohl die Stute nur mit einem Doppelzaun von ihm entfernt stand. Auch wenn kein Strom drauf war, blieb er auf seiner Seite. Wir haben es auch öfters mal vergessen, den Strom nachts wieder anzustellen, doch er war so brav.
Jutta: Du hast Deine Krankheit angedeutet, die Auswirkungen auf die Arbeit mit den Pferden hat, magst Du darüber was sagen?
Jeanne: Leider bin ich nicht gesund wie man immer denken könnte und vieles sieht man mir nicht an. Ich hatte 2006 einen derben Unfall, den ich überlebt habe, der aber mein komplettes Leben auf den Kopf stellte. 8 OP`s, Pflegestufe und ein halbes Jahr Rollstuhl war auch dabei. Doch mein Fjordpferd Kalle, den wir 2008 vom Schutzhof kauften, half mir dabei.
Die ganzen Begleiterscheinungen der Krankheit sowie nun noch dazu Arthrose im Rücken und im ISG im Nervenkanal, sowie mein Stressnervensystem spielt mir oft noch einen Strich durch die Rechnung. Jeden Tag Schmerzen zu haben und trotzdem alles zu schaffen, bringt mich nun leider doch an meine Grenzen. Dazu kommen durch eine weitere Kopfverletzung auch Ängste, die mich beim Reiten total ausbremsen, selbst bei Casper und Angel. Mir fällt vieles sehr schwer, was man so nicht sehen kann .
Jutta: oh, das kann man kaum glauben, wenn man Dich sieht! Also hat der Verkauf jetzt damit auch etwas zu tun?
Jeanne: Ich hab das nie an die grosse Glocke gehängt, doch es gibt bestimmt auch einige, die nicht verstehen oder nachvollziehen können...warum ich jetzt so gehandelt habe. Ich habe es mir sehr lange überlegt, hin und her was das Beste für uns und für Da Vinci ist. Eine Kastration war auch durchaus eine Überlegung, aber das kam doch nicht in Frage. Er ist so ein toller, wurde gekört, hat zwei hübsche Söhne, dann kastrieren, neeee.
Jutta: konnte er eigentlich mit Deinem Wallach zusammen stehen, bei vielen Hengsten ist ja so etwas gut möglich.
Jeanne: Nein, leider nicht. Dass er nicht mit Casper zusammen stehen konnte, hat mich auch gequält. Casper hatte dann immer Stress ohne die Stute Angel. Die Zwei haben sich aber verstanden, nur Casper schirmte Angel voll ab. Das wäre auch nichts gewesen.
Ein Hengst ist schon ne andere Nummer und weil ich mich so konzentrieren muss und meine Ängste es nicht besser machen, haben wir uns zu dem Schritt, ihm ein neues schönes Zuhause zu suchen, entschlossen.
Wichtig war mir, dass er dort genau so geliebt wird, wie wir ihn lieben. Dann , dass er kein Boxenpferd wird und er in einer Herde leben kann als Zuchthengst.
Judith Sellmeir von der Lösing Ranch Mauern aus Bayern hat ihn gekauft. Sie hat ihren letzten grauen Fjordhengst den Ingolf auch so geliebt und sie hat sich in Da Vinci verliebt. Sie war hier und alles passte. Sie kann ihm das Reiterliche geben, was ich ihm nicht geben könnte. Die Harmonie bei den beiden stimmte auf Anhieb.
Da Vinci hat jetzt schon einige Deckanfragen in Bayern. Judith züchtet auch Fjordis.
Mein Kopf, meine Unsicherheit und meine Ängste spielten da leider eine zu grosse Rolle. Das alles hatte sich erst im letzten Jahr durch die letzte Kopfverletzung verschlechtert.
Jeanne: Selbst Angel fand es am Anfang nicht so gut, dass ich mich verändert hatte. Doch nun kommt sie damit klar und gibt mir dann den Halt.
Auf Da Vinci haben sich meine Unsicherheiten und Ängste übertragen. Meine Reitlehrerin hatte aber keine Probleme mit ihm. Ich bin da das Problem. Somit habe ich ihn schweren Herzens ziehen lassen. Ich habe an ihn gedacht und ich weiss, sie werden zusammen ihren Weg gehen.
Jutta: und wie geht es nun weiter bei Euch?
Jeanne: Da er mein Traum in grau ist und wir immer gesagt haben, dass Angel von ihm ein Fohlen bekommen soll, wurde sie im August noch gedeckt und ist tragend.
Da Vinci hat an der Hand gedeckt und war so mega brav und super händelbar. Judith war den letzten Decktag noch dabei und meinte er ist ja wirklich mega lieb.
Am 10.10.2020 ist Da Vinci in sein neues Zuhause gezogen.
Ich freue mich, dass er sich so gut bei Judith eingelebt hat. Er steht nun mit Wallachen und einem Dartmoorhengst zusammen. Wir werden ihn da auch mal besuchen fahren und halten den Kontakt aufrecht.
Auch wenn er nicht bei mir sein kann er wird immer mein grauer Traumhengst sein.
Jutta: Danke Jeanne für Deine offenen Worte und Deine liebevollen Gedanken, die du Dir um Deine Pferde machst
Das Gespräch haben wir am 25.10.2020 geführt
- 28.03. So begann unser Weg mit Da Vinci
- 07.05. Alles nur Zufall oder Vorsehung?
- 07.06. Casper
- 14.07. Wäre Flecki nicht gewesen...
- 09.09. Angel