Autorin: Christina Roters
Im kleinen Dörfchen Bebensee führt man als Bewohner am idyllisch gelegenen See ein eher beschauliches Leben.
Dann kann es vorkommen, dass man, auch im etwas fortgeschrittenen Alter, neben der bekannten Gallowayherde einen wunderschönen Schleswiger Kaltbluthengst braucht. Dieser soll dem Erhalt der Rasse dienen und für Nachwuchs sorgen.
Natürlich soll weder der Hengst, noch die zu Gast kommenden Stuten bei ihrem Zusammentreffen Schaden nehmen. Somit muss alles gut vorbereitet und durchgeführt sein.
Ein Team muss aufgestellt werden, das alle Abläufe kennt und zuverlässig begleitet.
Wir sind zu dritt, zusammen 192 Jahre alt und beteuern, dass unsere Hengstführerin Steffi neben ihrer Kompetenz auch für das Wahren der U 50-Quote im Team steht. Dies sei nur für die Berufsgenossenschaft von einschlägigen Etablissements angemerkt.
Die beiden weiteren Teammitglieder können eher viel Lebenserfahrung, Entschlossenheit und Wagemut beisteuern. Vielleicht wirken sie hin und wieder in der Bewegung etwas gebunden und eingeschränkt, aber sie gleichen dieses Manko mit eisernem Willen und unerschütterlicher Fröhlichkeit aus.
Die eintreffenden tierischen Damen werden je nach Andrang, meist zu zweit neben dem Auserwählten im großen Nachbarpaddock untergebracht und von nun an von der Chefin des Unternehmens akribisch beobachtet.
Das stets aufmerksame Hofpersonal lässt es ihnen an nichts fehlen.
Die Abstimmung im Team findet über WhatsApp statt, das liest sich in dieser Einstiegsphase meist so:
– es tut sich weiterhin bei beiden rein gar nichts. Mist!!!
– die keuschen Schwestern sind ausschließlich an den Mahlzeiten interessiert
– Ella (alle Namen sind aus Datenschutzgründen verändert) fängt an zu flirten, das könnte Amanda doch animieren, dass da noch mehr ist, als Kuraufenthalt mit Endlosbuffet
– Ella schielt ja wenigstens schon in Richtung des großen Mannes. Ob Amanda wohl ins Kloster möchte, als dickste Nonne?
Dann folgt die nächste Phase: die zu allem bereite Dame wird, nachdem sich Steffi mit dem liebestollen Hengst bereits auf dem Weg hinter die Scheune macht, in den Innenhof geführt. Der Hengst erscheint unter einigem Getöse, einer Komposition aus wolllüstigem Schnaufen, werbendem Gewieher und lautem Hufgeklapper und bespringt die bereite Stute.
Für das nächste Treffen nach 36 Stunden erfolgt wieder die Abstimmung über WhatsApp.
Aufkommender Übermut sei in Anbetracht des guten Ablaufs des Unternehmens nun gestattet:
– schöne Grüße von den Puffmüttern. Uns fehlt morgen um 8 Uhr die Dritte im Bunde. Alles Wichtige ist hiermit gesagt. Es bedeutet: Stute steht noch, Kommen unbedingt erwünscht, Ablauf wie oben.
Es gibt aber auch die Variante, dass unsere wichtigste Dritte im Bunde melken muss und die Stute besonnen genug ist, um auf der Weide gedeckt zu werden.
Der anschließende Bericht für Steffi liest sich dann ungefähr so:
– Bebensee, 20 Uhr. Zwei etwas hutzlige, alte Puffmütter teilen die Mädchen ein. Amelie bleibt in ihrem Apartment und Amanda bitte in die große Dinnersuite. Der Freier kommt, stört zwar etwas beim Essen, aber was solls. Die Dame ist Profi, versorgt ihn angebracht und frisst weiter. Alles bestens. Um 20.30 wurde das Etablissement bereits wieder geschlossen.
Einige Stuten hat unser Trio auf diese Weise begleitet. Bakkely Janus wurde im Laufe der Wochen immer souveräner, hat wieder und wieder seinen wirklich herausragenden Charakter bewiesen und ist auf dem Gebiet des Rasseerhalts nun echter Fachmann.
Niemand, weder Mensch noch Tier haben Schaden erlitten, wir haben viel nachgedacht, geplant, gesorgt und gelacht und wenn am Ende auf dem zweiten Ultraschall ein ganz kleines Schleswiger Kaltblutherz schlägt, haben die Puffmütter vom Bebensee alles richtig gemacht.
Im Juli 2022 Christina Roters