Autorin: Marylka Abraham
Ja, wann fing eigentlich alles an? Ich habe mich entschieden, zur Beantwortung dieser Frage ganz weit zurück zu gehen.
Ich komme nicht aus einer klassischen Reiter- oder Züchterfamilie, aber meine Oma (die aus dem Pferdeland Ostpreußen stammte) ist als Kind und junge Frau geritten und mein Vater auch. Somit habe ich doch auch einen genetischen Teil Pferdeliebe abbekommen. Meine Oma ist – laut meiner Mutter zumindest – auch für meine operative Infizierung mit dem Pferdevirus verantwortlich. Als kleiner Stöpsel von 3 oder 4 Jahren verbrachte ich immer einen Nachmittag in der Woche bei ihr in Altenholz und dann sind wir entweder zur Pferdekoppel von Bauer Kruse gelaufen oder zum Reitstall Dreikronen (da war der Weg mit kurzen Beinen ganz schön weit!). An die Besuche in Dreikronen kann ich mich auch noch dunkel erinnern, den warmen Pferdegeruch im Stall, wenn es draußen kalt war und dass wir zugeschaut haben, wenn in der Halle geritten wurde.
Als ich in der ersten Klasse war, durfte ich dann anfangen, Reitunterricht zu nehmen. Ganz in der Nähe von uns war der Ponyhof Maschmann / Tonnenberg. Vielleicht kennt den auch noch jemand anderes von früher? An die Namen vieler Ponys kann ich mich noch heute gut erinnern: Da gab es die Schecken Pascha & Piroschka (von denen ich besonders Piroschka gerne geritten bin, weil die so schön schnell war), die Haflingerstute Viola, die Norwegerstute Lissa, das Shetlandpony Foxi, den Schimmel Bronco – auf dem ich meine erste Longenstunde hatte – und viele andere. Das lief damals übrigens so: Kind dreimal an der Longe aufs Pferd gesetzt – läuft ja, dann kann sie ja in der Abteilung mitreiten. Würde man heute wohl nicht mehr so machen, ging aber irgendwie ganz gut, obwohl mein erstes Reitoutfit nur aus Jogginghose und Gummistiefeln bestand.
Ein besonderes Pony dort für mich war Helia, eine kleine Welsh B Palominostute, die ich als „Pflegepony“ bekam als sie 1,5 Jahre alt war (und ich wohl sieben oder acht). Helia wurde später an Judith Moormann verkauft, brachte dort viele tolle Fohlen und ist über 30 Jahre alt geworden. Ich habe sie später dort auch noch mehrmals besucht. Und Fohlen gab es bei Maschmann natürlich jedes Jahr! Schon damals war mir klar: So etwas möchte ich später auch!!!
Nach einer Reitbeteiligung in der Nähe hatte ich mir dann irgendwann häufig genug zu Weihnachten und zum Geburtstag ein Pony gewünscht und so kam ich zu „Oriander“. Ich war keine 12 Jahre alt, das Pony gerade 3 … so rückblickend nicht unbedingt die ideale Kombi, aber wir haben viel miteinander gelernt und sein junges Alter hat es mir ermöglicht, insgesamt 28 tolle Jahre mit ihm zu verbringen. „Oriander“ war ein Deutsches Reitpony, Vater war der Anglo-Araber Opal, Mutter eine Lombardstute und er hat dafür gesorgt, dass ich mein Leben lang ein „Ponymensch“ geblieben bin. Die paar Male, die ich auf einem Warmblut gesessen habe, kann man wohl an einer Hand abzählen. Heute ist sein Nachfolger ein Vollblutaraber, aber der ist mit seinen 1,52m ja im Prinzip auch im „erweiterten Ponymaß“.
Ansage meiner Eltern war ursprünglich: Wenn Du Abi machst, dann suchen wir dem Pony ein neues Zuhause. Damit war ich auch fein, so bis ungefähr ein Jahr bevor das Abi dann tatsächlich nahte (vorher war das einfach immer so weit weg, dass ich prima vermeiden konnte, mich wirklich mit dem Thema auseinander zu setzen). Dann wurde mir so langsam klar, dass ich mich UNTER GAR KEINEN UMSTÄNDEN von meinem Pony trennen würde. Naja, im Endeffekt haben wir ihm dann ein neues Zuhause gesucht, aber nur in Form eines neuen Stalls in der Nähe meiner Fachhochschule, die ich in Wernigerode besucht habe. Später ist er dann mit mir gemeinsam in den Süden von Frankfurt gezogen und von da aus wieder nach Schleswig-Holstein zurück. Als wir 2013 unseren Hof in der Nähe von Itzehoe gekauft haben, war er schon 25 Jahre alt und es war ganz klar, dass er diesen Hof nur mit den Füßen nach oben verlässt.
„Ori“ hat nicht nur mich viele Jahre verlässlich durch die Welt getragen, er hat auch meinen beiden Kindern die Grundlagen des Reitens beigebracht. Und da wir uns so lange schon kannten, wusste ich auch, dass ich ihm die beiden völlig bedenkenlos anvertrauen kann. Vor allem meine Tochter hat das ausgenutzt und ist schon als 4-jährige freihändig nur hinter einem Longiergurt mit ihm über die Koppel galoppiert. Als sie dann schon etwas besser reiten konnten, hat er mit ihnen als knapp 30-jähriger auch noch ordentlich Gas auf dem Stoppelfeld gegeben, typisch Pony – fit bis ins hohe Alter.
Ganz nebenbei hat er bei uns in seinen letzten Jahren als total gutmütiger Onkel auch Fohlen und Jungpferde mit erzogen und war das ideale Pferd, um ein Handpferd mit ins Gelände zu nehmen. Es gebührt ihm also mein großer Dank für so unendlich viele Dinge!
Leider verletzte er sich im November 2018 auf der Koppel an der Sehne des rechten Vorderbeins und das wollte einfach nicht wieder heilen. So haben wir ihm am 28.02.2019 nach strahlend schönen Februartagen, die er noch auf der Koppel verbringen durfte, mit knapp 31 Jahren in Würde über die Regenbogenbrücke verabschiedet. In unseren Herzen wird er auf ewig einen großen Platz haben.
Und deshalb nehme ich diese Geschichte, um nicht nur meiner Oma und meinen Eltern zu danken, die meine Pferdeliebe gefördert und unterstützt haben, sondern vor allem, um dem besten Pony der Welt nochmal ein kleines Denkmal zu setzen. Denn ohne „Ori“ wäre mein Leben mit Sicherheit ganz anders verlaufen und ob ich ohne ihn zur Ponyzüchterin geworden wäre, weiß ich nicht.
Und wie es dann wirklich losging und die erste Stute bei uns einzog, das erzähle ich in der nächsten Geschichte!
30.06.2020 Marylka Abraham – Letsfly Reitponys
Eine weitere Geschichte über Letsfly Reitponys kann man hier lesen