"Oh nein, ich glaube, ich habe die Kopfnummern vergessen..."
"Was denn für eine weiße Kordel?"
"Ja, den Sekt habe ich, aber den trinke ich schon vor der Fahrt, wenn das so weiter geht."
Anruf beendet. Der Wievielte war das jetzt? Keine Ahnung. Oft.
Es ist die erste Februarwoche 2009 und ich habe, gefühlt, einen Ruhepuls von 180. Nach mehreren Monaten Spazierengehen bei Minusgraden, Freispringen in fremden Hallen, Longieren im Schnee, Ausklügeln eines idealen Futterplans und sorgsamen Trainings meines Fjordhengstes "Haudar van den Bosdries" ist nun der letzte Abend vor dem Termin angebrochen. Morgen ist die Körung. Seine Körung. Aber auch meine Körung. Meine erste Körung mit eigenem Hengst.
Wo ist nur die Zeit geblieben?
Gefühlt gestern habe ich mich in den original norwegisch-gezogenen Junghengst verguckt und ihn auf den Klosterhof-Weiden im Winter 2007 bei Inka Störmann-Thies (damals noch Störmann) kennen gelernt. Auf der Suche nach einem Nachwuchsfjordpferd hatte ich mich ursprünglich für eine ganz andere Anpaarung entschieden, dann trabte aber der große Jährling mit dem schönen Gesicht in mein Herz und es war klar, den oder keinen. Haudar ist allerdings kein Flethseer, sondern in Belgien geboren. Seine Eltern Hildar (Holar - Ernarson) und Caroline (Haugjo - Steinfinn) sind beide in Norwegen geboren und importiert, hatte er also schon einige Autobahnkilometer hinter sich, bis er endlich zu mir kam. Im Februar 2008 begann dann unser gemeinsamer Weg.
Und nun war es soweit. Ich habe bisher die Körung nur als Zuschauerin oder Freundin von Züchtern erlebt. Das war schon spannend. Aber das war kein Vergleich zu meinem ersten eigenen Hengst, den ich nun vorstellen sollte.
Zum bestimmt 10. Mal ging ich meine Liste durch… Hatte ich die Ersatz- Ersatz-Decke mit? Das gute und das sehr gute Halfter? Oh nein, die Öltücher sind im Stall gefroren. Tauen die wieder auf? Ich kann doch nicht schon wieder Inka anrufen?
Aber so war es dann doch. Einige Anrufe später (was hätte ich ich nur mit WhatsApp gemacht) ging es mir nicht merklich besser, aber Inka als erfahrene Züchterin konnte mich Frischling etwas beruhigen. Wobei ich bis heute nicht weiß, warum mir die weiße Kordel, zum Führen beim Freispringen, abhanden kam. Da gab es dann eine bunte Ersatzkordel, die ich im Auto fand und es ging damit auch gut. So... Ein letzter Anruf und dann geht's morgen früh los mit der Pflastermusterung.
Was Pommes mit Ketchup und Mayo mit weißen Hosen machen und warum es wichtig ist, "den grünen Fjord-Po" zu putzen, lest ihr in einer weiteren Geschichte meiner ersten Körung mit eigenem Hengst.
30.06.2020 Stefanie Mehlig